Geschichte
 
Die Pfarre Hernals wurde vermutlich um die Mitte des 13. Jahrhunderts gegründet. 1252 wird erstmals ein Hartwicus, Pfarrer von Als (plebanus de Als), genannt. Die erste gesicherte urkundliche Nennung einer dem Hl. Bartholomäus geweihten Kirche zu Als stammt aus dem Jahr 1301. Gründer der Kirche waren vermutlich die Herren von Als, die auch Namen gebend für den am Alsbach gelegenen kleinen Weinbauernort "Hernals" (Herren Als) und später für den gesamten 17. Wiener Gemeindebezirk wurden.

Im 16. Jahrhundert wurden Schloss und Kirche von Hernals unter den damaligen Herrschaftsinhabern, den Familien Geyer (1515–1587) und Jörger (1587–1622), zu einem der bedeutendsten Zentren der Reformation in Niederösterreich. Nachdem Kaiser Maximilian II. dem Adel im Erzherzogtum Österreich 1568 und 1571 Religionsfreiheiten auf dessen Herrschaften gewährt hatte, strömten die Wiener trotz der Verbote des "Auslaufens" in das nahe gelegene Hernals, um die Prädikanten (Prediger) zu hören. 1577 ließ Kaiser Rudolf II. die Hernalser Kirche sperren. Die Gottesdienste wurden daher im Saal des Schlosses gefeiert, das neben der Kirche lag (zwischen der heutigen Kalvarienberggasse und Kindermanngasse). Unter den aus Oberösterreich stammenden Jörgern, Freiherren von Tollet, die zu den führenden protestantischen Adeligen des Landes gehörten, erreichte der Protestantismus in Hernals seinen Höhepunkt. Nach der Bestätigung und Erweiterung der Religionsfreiheiten durch Erzherzog Matthias 1609 führte Helmhart Jörger in der Pfarrkirche den öffentlichen evangelischen Gottesdienst ein und berief als ersten evangelischen Pfarrer Johannes Sartorius. Die Teilnahme Helmhart Jörgers an der evangelischen Ständeopposition gegen Kaiser Ferdinand II. 1619/20 führte zu seiner Festnahme und zum Verlust seiner Güter. Schloss und Kirche von Hernals wurden vom Kaiser eingezogen und 1625 dem Domkapitel zu St. Stephan übergeben. Am 24. August 1625, dem Fest des heiligen Bartholomäus, wurde in Hernals wieder der erste katholische Gottesdienst gefeiert.




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Die Bartholomäuskirche und das Schloss an der Als

Zur Wiederbelegung des katholischen Glaubens initiierte der Jesuit Karl Musart 1639 die Errichtung eines Kreuzweges mit sieben Stationen von Sankt Stephan nach Hernals. Angeblich entsprach die Weglänge genau der Länge des Passionsweges in Jerusalem. Ausgangspunkt war der "Gottsleichnamsaltar" in Sankt Stephan, die letzte Station war der Kreuzaltar in der Hernalser Pfarrkirche. Außerhalb der Kirche wurde eine Grabeskapelle nach dem Vorbild des heiligen Grabes in Jerusalem errichtet.

Während der zweiten Türkenbelagerung 1683 wurden die Kreuzwegstationen zerstört. Von den in der Folgezeit wieder errichteten Stationen, in denen die ursprünglichen Bilder durch Figuren ersetzt worden waren, befindet sich eine bis heute an der Außenmauer der Pfarrkirche Alser Vorstadt, 8., Schlösselgasse.

Von 1709–14 ließ die „Bruderschaft der 72 Jünger Christi“, ein Zusammenschluss reicher, angesehener Wiener Bürger, an der Stelle der heutigen Pfarrkirche und im selben Grundausmaß einen Kalvarienberg errichten. Aufwärts steigend konnte man sieben Stationen "Jesus büßt die Hauptsünden" betrachten, die einzeln und kapellenartig aufgestellt waren, oben, im Freien, die weithin sichtbare Kreuzigungsgruppe und abwärts gehend, wieder in sieben Stationen, "Maria lehrt die Tugenden". In den hufeisenförmig angelegten, von Pfeilern gestützten künstlichen Berg war eine kleine Kirche, "Bergkirche" genannt, hineingebaut. In ihr befand sich eine Darstellung der Verurteilung Christi und der Handwaschung des Pilatus. Sie wurde nach dem Umbau des Kalvarienberges durch die Ecce-Homo-Gruppe auf dem Balkon der Kirche ersetzt.

Der Wallfahrtsandrang war so groß, dass die Pauliner von 1766–1769 an Stelle der inzwischen durch eindringendes Regenwasser bau-fällig gewordenen Bergkirche eine neue Kirche, die Kalvarienbergkirche, bauten. Von dieser spätbarocken Kirche sind die Nordfassade und das halbe Langhaus Bestandteil der heutigen Kirchenanlage.


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Wallfahrt nach Hernals
 

Aus allen Regionen kamen die Menschen. Erschöpft, hungrig und durstig erreichten sie den Kalvarienberg. Deshalb etablierte sich nicht nur der an Wallfahrtsstätten übliche Devotionalienhandel, sondern es wurden auch Verkaufsbuden aufgestellt, in denen Speis und Trank sowie allerlei Leckereien, wie sie im Orient zu finden sind, feilgeboten wurden – der Fastenmarkt war entstanden. In den nächsten Jahrhunderten sollte sich die Wallfahrt nach Hernals zu einem gesellschaftlichen Ereignis entwickeln, besonders für die Wiener Lebewelt. Ein Priester aus dem 18. Jahrhundert klagte bitter darüber, dass die Kapellen am Rand des Wallfahrtsweges oft zu "amourösen Rendezvousplatzerln" degradiert würden und bei den Wallfahrten unter dem Mantel der Bußfertigkeit "viel weltlicher und sündiger Unfug" getrieben werde. Nach und nach wurden später noch verschiedenste Vergnügungsstätten und Kinderbelustigungen aufgebaut. Der Fastenmarkt wurde von Aschermittwoch bis Ostersonntag abgehalten. Seit 2014 findet an seiner Stelle etwa zweieinhalb Wochen vor Ostern das Kalvarienbergfest statt.

Im Jahr 1892 gründete der evangelische Bürgermeister Elterlein zum Zweck der Vergrößerung einen Kirchenbauverein, der umgehend Architekt Richard Jordan mit Planungen beauftragte. Noch im selben Jahr, am 27. August, fand die Grundsteinlegung für die Erweiterung statt: Der Kalvarienberg und der Chorraum der Barockkirche wurden abgetragen, um die Kirche nach hinten zu vergrößern; der vordere, barocke Teil blieb erhalten. Der neue Kalvarienberg wurde um die neue Kirche angebaut und für die Kreuzigungsgruppe ein Kuppelraum geschaffen. Die Reliefs des alten Kalvarienberges wurden auf Bretterwände montiert, die ihrerseits an der Mauer der Kirche befestigt wurden. Weiters wurde der gesamte Kalvarienberg eingedeckt. Die Konsekrierung der erweiterten Kalvarienbergkirche fand am 23. Oktober 1894 durch Weihbischof Eduard Angerer statt.


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Der Kalvarienberg und die "Kirche im Berg"

Im Vordergrund, überdimensioniert, die Annenkapelle


Am 22. März 1945, beim letzten großen amerikanischen Bombenangriff auf Wien, wurden der Hernalser Pfarrhof, die angrenzende Schule mit dem Bezirksmuseum, das Haus St.-Bartholomäus-Platz 4, das "Bibersteinerhaus" (Kindermanngasse 2), das ehemalige Offizierstöchterinstitut (Kalvarienberggasse 28) und die Kirche schwer getroffen. Fliegerbomben durchschlugen das Deckengewölbe und explodierten im Inneren. Das Dach, alle Altarbilder, die Orgel und die Inneneinrichtung wurden vollkommen zerstört. (Die Holzreliefs des Kalvarienberges waren im Zuge von Luftschutzmaßnahmen vom Reichsamt für Denkmalpflege abgenommen und nach Kleinmariazell gebracht worden; die auf Grund von Witterungsschäden durch Steinreliefs ersetzten Stationen 5 und 6 blieben im Bezirk.)

Unter schwierigen Verhältnissen wurde die Kirche wieder hergestellt: Zu Ostern 1948 konnte in ihr wieder Gottesdienst gefeiert werden. 1953 wurde eine Orgel aufgestellt, 1955 wurden vier neue Glocken hochgezogen (die fünfte und größte stammt aus dem Jahr 1756). Da die Glockenweihe am Tag der Unterzeichnung des Staatsvertrages stattfand, nannten die Hernalser ihre Glocken „Freiheitsglocken“. Die Außenrenovierung war damit abgeschlossen. Die Innenrenovierung folgte 1960–1966. 1969 wurde der Innenraum mit Volksaltar und Abendkirche neu gestaltet, zwischen 1990 und 2000 wurden Kirche und Kalvarienberg generalsaniert.

Von besonderer Bedeutung ist das Bild "Türkenmadonna": Nach der Befreiung von den Türken 1683 wurde es von einem Hernalser im Sultanszelt gefunden. Testamentarisch vermachte er es der Pfarrkirche Hernals. Die "Türkenmadonna" wurde zuerst am Hochaltar, nach der Vergrößerung auf der linken Seite der Vierung angebracht. Nach dem Krieg wurde für das Bild der Marienaltar geschaffen. Die "Türkenmadonna" weist bis heute Einschüsse aus der Zeit der Türkenbelagerung auf – diese wurden bei jeder Restaurierung konserviert.

Weiters bemerkenswert sind die Pieta im rechten Seitenschiff, die barocke Kanzel sowie die Orgel.

 


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