Relief
7
Jesus büßt die Hauptsünde
des
Zornes
Relief: Die religiösen
Machthaber haben ihr Ziel erreicht. Brutal und grausam lassen sie Jesus
ans Kreuz schlagen. Mit hämischem, zynischem Gesicht vernichten sie
den, der sie in Frage gestellt hat. Jesus unternimmt nichts gegen sie –
im Gegenteil: Er betet für die, die ihn kreuzigen. Sie „wissen nicht,
was sie tun“. Symbol: Der Löwe zerfleischt
ein wehrloses Lamm. Zorn meint nicht einen emotionalen
Ausbruch, sondern, wie bei einer Violine Verstimmtheit aufgrund von Überspannung.
Nachdem zornige Menschen Ärger vermeiden, können sie nach außen
hin sehr freundlich sein. Zorn wurzelt in einem kraftvollen Zug zum Guten,
der dem Bösen nicht standhalten kann. In zornigen Menschen steckt
totaler Perfektionismus. Diese Grundhaltung kann mit unglücklicher
Kindheit in Zusammenhang stehen – zornige Menschen wurden oft zu Musterkindern
dressiert: brav, folgsam, adrett. Jeder Fundamentalismus, politischer wie
religiöser, wurzelt im Zorn. Mit allen Mitteln und oft mit freundlichem
Gesicht wird versucht, die „Wahrheit“ durchzusetzen. Zornige gehen über
Leichen, ohne es zu merken. Alles beiseite zu räumen, was sich außerhalb
des eigenen Dünkels bewegt, allein das zählt. So wird auch klar,
warum in der Kirche die Bekehrung der „Frommen“ stets das Schwierigste
war und bis zum heutigen Tag geblieben ist.
Kreuzkapelle
Jesus stirbt
am Kreuz Die Betrachtung der Hauptsünden
hat uns gezeigt, dass unsere Person aus sich heraus nicht gut und
daher auf Erlösung angewiesen ist, und weiters, dass sie sich
nicht selber erlösen kann. Zwar braucht es die eigene Disziplin, aber
den eigentlichen Durchbruch, den zum Leben, schenkt uns Christus durch
Tod und Auferstehung. Die Kreuzigungskapelle enthält
ein Dokument für die Macht der Liebe Gottes: die Darstellung von Tod
und Auferstehung in der Kreuzigungsgruppe. Im Zentrum hängt der verstorbene
Christus. Er hat das Seine vollbracht. Die zwei Mitgekreuzigten links und
rechts neben ihm offenbaren, was es heißt, sich selbst zu erkennen
— vor Christus! — oder vor sich selbst — vor Christus — die Augen zu verschließen.
Der zur Linken Jesu Gekreuzigte ist nicht bereit, sich die Wahrheit seines
Lebens einzugestehen. Er wendet sich ab, bleibt beziehungslos, und damit
Gefangener seines Elends. Er stirbt einen einsamen Tod. Der zur Rechten
Christi hingegen steht vor ihm zur Wahrheit seines Lebens. Voll und ganz.
In der Erkenntnis im Angesicht Christi, im Sich-Selbst-Schauen im Spiegel
Christi, hört er ihn sagen: „Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein.“ Die
Plastik bringt die innige, ja sehnsüchtige Beziehung wunderbar zum Ausdruck.
Unmittelbar vor seinem Ende Christus zugewandt, wird er noch vor dem Tod
gewandelt und erfährt Erlösung. Auferstanden, wird er Christus ins Leben folgen
...
Relief
14
Maria lehrt die Tugend des Eifers Relief: Das Kreuz ist abgeräumt.
Der „Körberljud“ sammelt das liegen gebliebene
Werkzeug, Hammer und Nägel, ein. Jesus hat seinen Auftrag in dieser
Welt erfüllt. Sein Leichnam liegt im Grab. Auch für Maria ist
vieles ans Ende gekommen. Sie weiß vom Wort ihres Sohnes: „Es ist
vollbracht!“ Wie wird ihr Leben nun weitergehen? Sie überlässt
es ganz Gott. In der Beziehung zu ihm, im Vertrauen, bleibt sie am Leben. An dieser Station ereigneten sich
in der Vergangenheit hässliche Szenen so genannten christlichen
Eifers gegen die Juden. Der „Körberljud“ wurde angespien und geohrfeigt.
Zunächst musste die Nase, später der ganze Kopf ersatzweise
aus Eisen gefertigt werden. So ist diese Station zu einem Zeichen des Antisemitismus
geworden. Ist der Antisemitismus heute geklärt, oder hat er in der
allgemeinen Ausländerfeindlichkeit ein neues Gesicht bekommen? Eifer ist begeisterter Einsatz für
eine Sache und damit das Gegenteil der Trägheit. Die Tugend des Eifers
bewirkt, dass das Gute nicht nur begonnen, sondern auch vollendet
wird. Der vollendete Eifer für Gott besteht in der tapferen und entschlossenen
Liebe, die zu Gott, zu sich und zum Nächsten hält – eine Liebe,
die nicht einmal der Tod auslöschen kann. |